Multiple Sklerose: Symptome und Behandlung (2024)

Kurz zusammengefasst

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Wie sie genau entsteht, wird noch erforscht. In Deutschland sind etwa 280.000 Menschen betroffen, weltweit 2,8 Millionen, Frauen häufiger als Männer[1]. Die Krankheit kann viele verschiedene Symptome verursachen, etwa Sehstörungen, Lähmungen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle in Armen oder Beinen. Multiple Sklerose verläuft ganz unterschiedlich, wird oft als „Krankheit mit 1000 Gesichtern“ bezeichnet. Sie ist bislang nicht heilbar, aber behandelbar.

Was ist Multiple Sklerose?

Bei Multipler Sklerose kommt es im zentralen Nervensystem, also Gehirn und Rückenmark zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems und in der Folge zu Entzündungen an den Nervenzellen. Betroffen ist vor allem die Hülle der Nervenfasern, die sogenannte Myelinscheide. Wird sie beschädigt, können die Nerven ihre Signale schlechter weiterleiten. Das verursacht viele verschiedene Symptome.

Multiple Sklerose beginnt oft im Alter zwischen etwa 20 und 40 Jahren. Aber auch jüngere und ältere Menschen können erkranken.

Der Krankheitsname „Multiple Sklerose“ bedeutet übersetzt in etwa „viele (multiple) Verhärtungen“. Abgeleitet ist das vom griechischen Wort "skleros" für "hart". Die Beschreibung bezieht sich auf die entzündungsbedingten Verhärtungen oder Narben, die in Gehirn oder Rückenmark entstehen können.

Welche Symptome können auf eine Multiple Sklerose hindeuten?

Anfangs ist es auch für Ärztinnen und Ärzte oft nicht leicht, die Diagnose „Multiple Sklerose“ zu stellen. Denn die Krankheit zeigt sich ganz unterschiedlich.

Häufige Beschwerden sind zum Beispiel

  • Empfindungsstörungen an Armen oder Beinen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle
  • Sehstörungen wie Doppelbilder oder unscharf sehen
  • Bewegungsstörungen wie Kraftlosigkeit oder Lähmungen
  • Störungen der Blasen- oder Darmfunktion
  • Konzentrationsstörungen, starke Erschöpfung

Alle Beschwerden können auch andere Ursachen haben, die teils rasch behandelt werden sollten. Deshalb sollte man sie in jedem Fall ärztlich abklären lassen.

Achtung: Plötzlich einsetzende Symptome wie einseitiges Kribbeln oder Taubheitsgefühle, einseitige Lähmungen, Probleme beim Sprechen, Verständnisprobleme, verschwommenes, doppeltes oder eingeschränktes Sehen bis hin zur vorübergehenden Erblindung, können auf einen Schlaganfall hindeuten. Dann sollte man sofort den Rettungsdienst unter der 112 rufen.

Außerhalb von Notfällen ist üblicherweise der Hausarzt oder die Hausärztin die erste Ansprechperson. Er oder sie kann bei Bedarf zu einer Fachärztin oder einem Facharzt überweisen, in der Regel mit Spezialgebiet Nervenheilkunde (Neurologie).

Wie stellt die Ärztin oder der Arzt die Diagnose?

Es gibt keinen Einzeltest, der eine Multiple Sklerose beweisen könnte, aber anerkannte Diagnosekriterien. Die Ärztin oder der Arzt nimmt verschiedene Untersuchungen vor, auch, um andere Erkrankungen als Ursache der Beschwerden auszuschließen. Beispielsweise verursachen infektiöse Erkrankungen wie Borreliose oder Syphilis manchmal ähnliche Symptome.

Wichtige Hinweise liefern vor allem die neurologische Untersuchung, Bilder von Gehirn und Rückenmark durch eine Magnetresonanztomografie (MRT) sowie eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor).

Eine bestimmte Kombination aus Untersuchungsergebnissen erlaubt dann die Diagnose Multiple Sklerose.Stark vereinfacht gesagt, müssen neurologische Beschwerden und Befunde vorhanden sein, die typisch für eine Multiple Sklerose sind. Außerdem suchen Ärztinnen und Ärzte in MRT-Aufnahmen von Gehirn und Rückenmark nach bestimmten Krankheitszeichen, sogenannten Läsionen.

Damit die Diagnose gestellt werden kann, müssen die Befunde zudem räumlich und zeitlich getrennt sein. Fachleute nennen das „räumliche Dissemination“ und „zeitliche Dissemination“.

  • Räumliche Trennung: Vereinfacht erklärt, müssen zum Beispiel unterschiedliche, räumlich getrennte Regionen von Gehirn und Rückenmark erkrankt sein. Entsprechend finden sich auf MRT-Bildern Läsionen in verschiedenen Hirnbereichen. Das kann mit Symptomen verbunden sein, die ihren Ursprung erkennbar in unterschiedlichen Hirnregionen haben.
  • Zeitliche Trennung meint, dass ein Fortschreiten der Erkrankung erkennbar ist. Zum Beispiel treten mindestens zwei unterschiedliche Krankheitsschübe auf. Oder in einer MRT-Untersuchung sind gleichzeitig alte und neue Läsionen feststellbar. Oder in einer weiteren MRT-Untersuchung kommen neue Läsionen dazu. Einen zusätzlichen Hinweis liefert die Untersuchung von Nervenwasser.

Manchmal ergibt sich zunächst ein Krankheitsverdacht, der sich erst im Verlauf bestätigen oder ausschließen lässt.

Ausführlich und allgemeinverständlich beschrieben sind die Diagnosekritierien bei einer Multiplen Sklerose in der „Patientenleitlinie MS“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, unterstützt von der Deutschen Hirnstiftung.

Wie verläuft Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich verlaufen. Laut der „Patientenleitlinie MS“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ist die Mehrheit der Patientinnen oder Patienten 15 bis 20 Jahre nach der Diagnose nur wenig oder mäßig betroffen. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft betont, dass die Krankheit nicht zwangsläufig schwer verlaufen muss.

Stark vereinfacht gesagt, gibt es zwei Verlaufstypen:

  • schubförmig
  • voranschreitend (progredient)

Meistens beginnt eine Multiple Sklerose schubförmig.

Was bedeutet schubförmig?

Bei einem Schub spüren Betroffene neurologische Symptome über mindestens 24 Stunden. Häufig bilden sich diese Beschwerden nach einiger Zeit ganz oder teilweise wieder zurück. Bis zum nächsten Schub vergehen Wochen oder teils Jahre.

Was bedeutet voranschreitend?

Bei einem voranschreitenden Verlauf nehmen die Krankheitszeichen eher kontinuierlich zu. In seltenen Fällen tritt ein voranschreitender Verlauf zu Beginn einer MS auf. Teilweise geht ein schubförmiger Verlauf in einen voranschreitenden Verlauf über.

Ärztlich erfasst wird unter anderem auch, ob die Krankheit entzündlich aktiv oder nicht aktiv ist – ob es beispielsweise zu neuen Schüben kommt oder bestimmte Befunde in der MRT-Untersuchung neu feststellbar sind.

Ist MS heilbar?

Derzeit ist eine Multiple Sklerose nicht heilbar. Die Krankheit verläuft chronisch. Aber es gibt effektive Behandlungsmöglichkeiten: Die Therapie bei Multipler Sklerose, aber auch bei möglichen Komplikationen, hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Im Vergleich zu früher ist der Langzeitverlauf besser. Fachleute hoffen, dass die heute verfügbaren modernen Medikamente das Potenzial haben, die Krankheit in Zukunft spürbar positiv zu beeinflussen.

Wie entsteht Multiple Sklerose?

Wie Multiple Sklerose genau entsteht, ist nicht vollständig geklärt. Sie wird in der Regel zu den Autoimmunkrankheiten gezählt. Denn das Abwehrsystem richtet sich dabei gegen den eigenen Körper, speziell die Umhüllung der eigenen Nervenfasern.

Fachleute gehen davon aus, dass bei der Krankheitsentstehung viele Faktoren zusammenwirken – Umwelteinflüsse und individuelle Faktoren.

Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass die Gene eine Rolle spielen könnten. Die Krankheit ist aber keine Erbkrankheit. Es kann lediglich eine gewisse Neigung für die Krankheit vererbt werden. Vermutlich kommen dann aber Umweltfaktoren dazu.

Im Fokus stehen auch Viren, etwa das Epstein-Barr-Virus (EBV), als möglicher Mitauslöser. Multiple Sklerose ist aber keinesfalls ansteckend.

Multiple Sklerose ist auf der Erde geografisch ungleich verteilt. Die Krankheit kommt mit zunehmendem Breitengrad, also Richtung der Pole, häufiger vor. Als mögliche Einflussfaktoren werden die geringere Menge des Sonnenlichts oder der Vitamin-D-Spiegel diskutiert. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch noch nicht geklärt. Ein veränderter Vitamin-D-Spiegel bei MS könnte zum Beispiel auch eine Folge der Erkrankung sein. Keinesfalls sollten Betroffene Vitamin-D-Präparate ohne ärztliche Rücksprache und ohne Anlass wie etwa einen festgestellten Mangel nehmen. Zu hohe Dosen können der Gesundheit schaden.

Wie wird Multiple Sklerose behandelt?

Multiple Sklerose lässt sich bislang nicht heilen, aber behandeln. Ziel ist es, den Krankheitsverlauf möglichst günstig zu beeinflussen. Die Therapie sollte immer auf die Patientin oder den Patienten und den individuellen Krankheitsverlauf abgestimmt sein. Ärztinnen und Ärzte wägen Nutzen und mögliche Risiken der Behandlungsmöglichkeiten gemeinsam mit den Betroffenen ab.

Behandlung eines Schubes

  • Kortison: Bei einem akuten Schub kommen zeitlich begrenzt hoch dosierte Kortisonpräparate als Infusion über die Vene oder zum Einnehmen infrage. Sie sollen die Entzündungsreaktion eindämmen und Symptome rasch zum Abklingen bringen. Mögliche Nebenwirkungen sind beispielsweise Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Magenprobleme.
  • Blutwäsche: Zeigt die Kortisontherapie keine ausreichende Wirkung, kommt eventuell eine spezielle Blutwäsche zum Einsatz. Dabei wird Blut entnommen, über Filter von bestimmten Bestandteilen gereinigt und wieder zurückgeführt. Dieses Verfahren ist an spezialisierten Kliniken möglich und für den schweren akuten Schub vorgesehen.

Immuntherapie

Es gibt es eine ganze Reihe von Medikamenten, die bei einer Multiplen Sklerose auf das Immunsystem wirken. Diese Immuntherapeutika sollen den Krankheitsverlauf langfristig günstig beeinflussen.

Welcher Wirkstoff zum Einsatz kommt, hängt unter anderem vom potenziellen Nutzen, den Risiken, dem Alter der Betroffenen, dem Krankheitsverlauf und der Krankheitsaktivität ab. Mögliche Vor- und Nachteile der jeweiligen Immuntherapie sollten im gemeinsamen Gespräch zwischen Betroffenen und Ärztin oder Arzt abgewogen werden.

Einen ausführlichen Überblick über verschiedene Medikamente und ihre Vor- und Nachteile, liefert zum Beispiel die allgemeinverständlich geschriebene „Patientenleitlinie MS“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

Therapie von einzelnen Symptomen

Im Krankheitsverlauf können verschiedene Beschwerden auftreten, die Betroffene beeinträchtigen. Mögliche Symptome sind beispielsweise Schmerzen, eine verkrampfte Muskulatur (Spastik), Blasen- oder Darmfunktionsstörungen, Störungen der Sexualität, Sprech- und Schluckstörungen, schnelle physische und psychische Ermüdbarkeit oder Depressionen.

Ärztinnen und Ärzte stimmen die gezielte Behandlung einzelner Symptome mit den Betroffenen ab. Oft gibt es passende Medikamente, welche die Beschwerden lindern können. Oder es kommen nicht-medikamentöse Behandlungen infrage. Je nach Situation kann das zum Beispiel eine Physiotherapie, eine Ergotherapie oder eine Psychotherapie sein.

Rehabilitation

Eventuell kann eine mehrwöchige Rehabilitation angebracht sein. Diese konzentriert sich nicht auf einzelne Symptome, sondern soll Betroffene dabei unterstützen, ihren Alltag bei möglichst hoher Lebensqualität weiterhin gut zu bewältigen. Betroffene erhalten eine Reihe verschiedener Therapien, zum Beispiel Bewegungs- oder Entspannungstherapien, oder erlernen Techniken zur Krankheitsbewältigung. Ärztinnen und Ärzte nennen das „multimodale Rehabilitation“. Sie entwickeln die individuellen Therapieziele und die passenden Inhalte gemeinsam mit den Betroffenen.

Unterstützung durch Selbsthilfe

Selbsthilfeorganisationen bieten Betroffenen viel Wissen, Austausch und emotionale Unterstützung. Ansprechadresse ist beispielsweise die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG). Auf ihrer Homepage finden sich zahlreiche Informationen zum Thema und Antworten auf häufige Fragen.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.

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